Paartherapie (auch Eheberatung – aber auch Trennungsbegleitung) ist eine Form psychologischer Arbeit mit dem Ziel der Aufarbeitung und Überwindung partnerschaftlicher Konflikte. Sie dient primär der Bearbeitung akuter oder chronischer Konflikte in einer Paar- bzw. Zweierbeziehung.
Angestrebt wird, dass bei Beziehungskrisen möglichst beide Partner einbezogen werden. Allerdings kann auch einzeltherapeutische Arbeit ein Teil, bzw. Phase eines paartherapeutischen Prozesses sein.
Voraussetzung für eine erfolgreiche Beratung ist die Akzeptanz der beratenden Person durch die Ratsuchenden sowie die Einsicht, dass eine problembehaftete Partnerschaft nicht die „Schuld“ nur eines der Partner ist. Hilfreich ist auch ein Verständnis dafür, dass der Paartherapeut weder Schiedsrichter noch Problemlöser ist, sondern in aller Regel Moderator und Begleiter des paartherapeutischen Prozesses.
Beratung meint nicht das Unterrichten von beziehungsrelevantem Wissen, sondern die Vermittlung und Umsetzung von Beziehungskompetenz in das jeweilige individuelle Lebenskonzept. Die Förderung und Stärkung der Autonomie der ratsuchenden Menschen ist dabei zentrales Ziel jeder Paararbeit.
Wesentliches Ziel von Beratung ist es, Einzelne, Paare und Familien zu befähigen, ihre Konflikte zu verarbeiten und ein höheres Maß an persönlicher Entfaltungs-, Beziehungs- und Partnerschaftsfähigkeit zu erreichen, und zwar unabhängig von der konkreten Ausgestaltung der jeweiligen Partnerschaft.
Ich bemühe mich zunächst, einen Rahmen zu schaffen, in dem die Partner ihre verschiedenen Bedürfnisse, Ängste und Befürchtungen zum Ausdruck bringen und abklären können. Dies kann der Ausgangspunkt für einen Verständigungsprozess sein, in dem ein tieferes Verständnis der Partner für die Konfliktdynamik, die eigenen Anteile daran und die Persönlichkeit des jeweils anderen entsteht, so dass eine vertiefte seelische Beziehung mit mehr Flexibilität, Toleranz, Offenheit und Nähe ermöglicht wird. Dieser Prozess kann eine neue Basis für ein Leben miteinander (und nicht gegeneinander) entstehen lassen, aber auch zu einer Trennung „im Guten“ führen.
Ich versuche in meiner Arbeit sowohl systemische, als auch psychoanalytische Ansätze zu verbinden:
Psychoanalytisch orientierte Ansätze gehen davon aus, dass chronischen Paarkonflikten Persönlichkeits-Dispositionen eines oder beider Partner zugrunde liegen.
Für Fälle, in denen sie wie Schlüssel und Schloss zusammenpassen, hat Jürg Willi den Begriff Kollusion geprägt. In diesen Fällen haben (nach Willi) beide Partner bestimmte zentrale Konflikte aus früheren seelischen Entwicklungsphasen in ihrer Persönlichkeit nicht verarbeitet und leben nun entgegengesetzte, sich zunächst aber ergänzende „Lösungen“ dieser inneren Konflikte aus. Im Zusammenleben kommt es im Laufe der Zeit oft zu einer zunehmenden Polarisierung innerhalb eines kollusiven neurotischen Arrangements, mit der Folge, dass die dann gelebten Extrempositionen für einen oder beide Partner belastend werden (wenn beispielsweise der eine Partner immer unselbstständiger, der andere immer selbstständiger und dominanter wird).
Bei der Systemischen Paartherapie steht die Frage im Mittelpunkt, durch welche „zirkulären Prozesse“ die Konflikte des Paares aufrechterhalten werden. Hierbei wird zwischen der Ebene des Verhaltens, der Interaktionsmuster und der Wirklichkeitskonstruktionen unterschieden.
Kommunikationspsychologische Ansätze in der Paartherapie versuchen, die Kommunikationsformen der Partner zu verbessern und so ein besseres emotionales Verständnis füreinander zu entwickeln.
So hat der Psychologe John Gottman typische Kommunikationsmuster beschrieben, die geeignet sind, eine Beziehung dauerhaft ruinieren zu können:
-Kritik: Schuldzuweisungen und Anklagen, die ihren Höhepunkt in einer generellen Verurteilung des Partners finden
-Verteidigung mit Rechtfertigung und Verleugnung der eigenen Anteile, die zum Konflikt beitragen
-Verachtung und Geringschätzung des Partners
-„Mauern“, Schließen der Schotten und Rückzug
Paartherapie und Sexualtherapie wurden lange Zeit und werden vielfach immer noch als getrennte Domänen verstanden. Moderne paartherapeutische Ansätze trennen hier nicht mehr und gehen davon aus, dass die Sexualität nicht isoliert betrachtet werden kann und auch dass Paarkonflikte und -Probleme häufig auch einen sexuellen Kern haben.
80 bis 90 Prozent der Paare, welche sich nach eigenen Angaben in einer schweren Krise befinden oder sich scheiden lassen, berichten, keine Paarberatung oder Paartherapie in Anspruch zu nehmen. Aufgrund der Tatsache, dass viele Paare sich erst relativ spät professionelle Hilfe suchen, hat die Paartherapie nur eine beschränkte Wirksamkeitsquote, wonach immer noch rund zwei Drittel nach der Paartherapie eine Besserung erfahren.
Nach meinem Verständnis ist es aber ebenso wichtig ein Scheitern einer Beziehung aufzuarbeiten und zu verstehen, um wieder neues Vertrauen in eine neue Beziehung gewinnen zu können. Hierbei spreche ich dann von „Trennungsbegleitung“, was auch ein sehr sinnvoller Therapiegrund sein kann.
Und noch etwas:
Wenn Sie einiges hiervon nicht wirklich verstanden haben, macht das gar nichts.
Jedes Paar ist anders und braucht ein anderes Verständnis seiner gemeinsamen Entwicklung.
Das beste Verständnis ist die persönliche Erfahrung.